Gestern hatte ich ein Schlüsselerlebnis. Ich bin, oder war bis gestern, ein Fan der "Suckless"-Tools. "Suckless" ist eine Softwareentwickler-Community, die nach eigener Aussage Software "simple, minimal and usable" halten will.
Ich bin nach vielen Jahren in der IT immer noch ein Spielkind. Und so suchte ich gestern nach "Suckless" Konfigurationen bzw. nach Leuten, die sich darüber bereits Gedanken gemacht haben und stieß auf den Namen "Luke Smith". Ein erster Blick auf seine Seite zeigte: Er plädiert für einfache, funktionale Software und dafür, alte Computer zu verwenden, statt ständig neue zu kaufen - ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Das gefiel mir.
Doch dann stieß ich auf merkwürdige Inhalte. U.a. verwendet Smith Symbolik der "Alt-Right" Bewegung wie "Pepe den Frosch" in seinen Videos.
Nun hätte ich es dabei belassen und den Kerl einfach ignorieren können. Doch ich recherchierte weiter. Tasächlich scheint faschistoides Denken in der Suckless-Community weit verbreitet zu sein. Siehe dazu:
https://chaos.social/@raichoo/101880564196043164
https://nitter.net/kuschku/status/1156488420413362177
Mit entsprechenden Vorwürfen konfrontiert antwortet der Projektleiter Anselm: "Suckless.org has never been in any way a political community or project, we aim to just focus on technical aspects/topics. "( Quelle)
Ich nehme einigen Leuten in Technik-Communities durchaus ab, dass sie sich selbst als "unpolitisch" sehen. Das Problem ist: Es kann keine unpolitische Technik und keine unpolitischen Technik-Communities geben.
Viele Nerds und Hacker begreifen sich als Elite (oder "1337", wie sie selbst schreiben). Dies führt unweigerlich dazu, andere ausschließen zu wollen. Auf der Webseite zum "suckless" Window Manager dwm steht z.B: "This keeps its userbase small and elitist. No novices asking stupid questions." Bisher hab ich diesen Satz eher etwas ironisch verstanden. Ich fürchte nun: Er ist ernst gemeint.
Leider ist dieses Elite-Denken weit verbreitet und nicht nur auf die Suckless-Community begrenzt. Eine besondere Ausprägung in Deutschland ist der "Fefismus", über den mspr0 schon einiges schrieb. Aber auch in anderen Technik-Zirkeln findet man immer wieder dieses elitäre Verhalten.
Nun ist es eine Sache, technisch guten Code zu schreiben und darauf stolz zu sein. Auch technisch zu argumentieren, warum eine Technik für einen Zweck besser ist als eine andere ist vollkommen in Ordnung. Die Grenze ist aber dort überschritten, wo Menschen ausgeschlossen und angegriffen werden, weil sie nicht dazu gehören. Es fängt meist an mit Bemerkungen über "Noobs", aber bleibt dort nicht stehen. Der Übergang zum Lästern über Frauen, über Leute die Gleichberechtigung wollen (oft wird die Abkürzung "SJW" verwendet, welche aus der Alt-Right Bewegung stammt) oder andere Minderheiten ist fließend. Diese Grenze ist in vielen Nerd-Communities überschritten und toxisches Verhalten ist an der Tagesordnung.
Das "Elitebewusstsein" beschränkt sich nicht nur auf Technik. Und so ist es kein Wunder, wenn am Ende ein unkritisches oder sogar positives Verhältnis zum Faschismus heraus kommt. Schließlich sahen und sehen sich Nazis schon immer als "Elite", als "Übermenschen". Wo das hinführt ist allgemein bekannt.
Fazit
Kann man nun die Technik, bzw. in dem Fall die Software, einer solchen toxischen Community verwenden? Ich habe für mich entschieden, dass ich die "suckless" Tools in Zukunft meiden will so gut es geht. Ich plane ein Projekt, welches Alternativen sammelt. Der vorläufige Arbeitstitel ist "Simple and non-elitist Tools".
Gerne könnt ihr mir Kommentare hinterlassen.
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