Leseprobe 1 aus ‚DREI KÖNIGE‘ - BRUDERKRIEGE

Der Keim zum Verhängnis

Grund zur Freude gab es am Hofe des Urs. – Der Thronfolger hatte das Licht der Welt erblickt. Die Brüder Wolf und Eberhard reisten mit kleinem Gefolge an; Wolf brachte seine Gattin; Eberhard seine heißblütige Gespielin Kunti mit.

Die Festlichkeit war noch rein privater Natur; also sprach Urs ein ernstes Wort mit seinem jüngsten Bruder: „Eberhard, du bist nicht verheiratet, also wirst du deine Gespielin in ihren Gemächern zurücklassen und alleine zur offiziellen Feier erscheinen. Hättest du eine Gemahlin, sähe die Sache anders aus. Warum heiratest du nicht endlich ? Ich, als dein ältester Bruder, könnte es dir befehlen; doch tue ich dies nicht, weil ich auf deine Vernunft hoffe. Auch du brauchst eines Tages einen Thronfolger; denke doch an die Zukunft !“

Eberhard ließ Kunti ohne Murren in ihrer Unterkunft; doch dieses Gespräch wollte auch während der Feier zur Geburt des Thronfolgers seinen Fortgang nehmen: „Urs hat recht“, redete Wolf seinem Bruder zu, „suche dir eine passende Frau; doch komme nicht auf den falschen Gedanken, Kunti heiraten zu wollen. Dies würden wir dir verbieten !“ Doch auf eben diesen Gedanken war Eberhard gekommen: „Warum nicht Kunti ? Auch wir stammen nicht aus königlichem Geblüt, wie ihr wisst. Wir Drei sind die Ersten unserer zukünftigen Linien.“ „Eberhard“, bat die Gattin des Wolf, „sei bitte vernünftig. – Sie ist nicht Unseresgleichen ! Wir werden dir gerne bei der Suche behilflich sein, falls du es alleine nicht vermagst.“ „Ja, das werden wir“, stimmte auch die Dame Ursen’s bei. Die Vier redeten so lange auf den armen Eberhard ein, bis Dieser endlich, um des Lieben Friedens willen, sich einverstanden erklärte, den beiden Frauen die Sache zu überlassen...

Begeistert war er keineswegs, doch die Versicherung der Brüder, dass er ja immer noch seine Kunti als Mätresse beibehalten könne, gab letztendlich den Ausschlag, dem Ansinnen der beiden Damen, für ihn die Brautschau zu übernehmen, zuzustimmen. – Damit war dieses Thema, zumindest was die Brüder betraf, vorerst erledigt; die beiden Königinnen jedoch zogen sich zurück, um über in Frage kommende, passende Heiratswillige sich weiterhin die Köpfe heißzureden.

Urs sprach dem Wein über die Maßen zu; war er doch jetzt stolzer Vater eines strammen Stammhalters! Der nächste Tag war der Beginn eines zehntägigen Freudenfestes für die Bevölkerung des gesamten Landes. Der König hatte für dieses Jahr Steuerfreiheit verkünden und außerdem Bier und Wein in Mengen zuteilen lassen. Auch waren die Jagdbestimmungen zu diesem freudigen Anlass gelockert worden.

Leutselig wollte Urs durch die naheliegenden Dörfer spazieren und sich mit seinen Untertanen unterhalten und sich beglückwünschen lassen. Am letzten Tage der Feier saßen die Brüder wieder gemeinsam mit den beiden Damen an der Tafel; Eberhard gab seine Späße zum Besten, Alle waren vergnügt – und Ursen’s Gemahlin brachte ein letztes Mal das Thema der Heirat Eberhards zur Sprache: „Wir berieten uns, Eberhard; es kommen mehrere geeignete junge Damen in Betracht. Wir werden dir Nachricht zukommen lassen, sobald eine Entscheidung getroffen wurde.“ Eberhard, gut gelaunt – und nicht gewillt, sich durch das leidige Thema diese Laune verderben zu lassen, stimmte zu, stellte jedoch eine Bedingung: „Nach dem vierten Geburtstage eures Sprösslings werde ich Diesen zu mir holen, um ihm die gebührende Erziehung zukommen zu lassen. – Mit mir und Kunti als Lehrmeister wird er beizeiten lernen, dass er ein Mann ist.“ Entsetzen vorspielend, schlug Urs die Hände zusammen und stöhnte: „Das fehlte noch. – Ein zweiter Eberhard in der Familie !“ Alle lachten, denn es war klar, dass dies wieder nur einer der Eberhard’schen Späße gewesen.

Am nächsten Morgen – man hatte sich bereits verabschiedet und saß schon hoch zu Ross, um die Rückreise anzutreten – gewahrte Eberhard eine winzige Gestalt in einer etwas entfernten Ecke des Schlosshofes. Er verhielt sein Pferd, um dieses zarte Etwas genauer erkennen zu können; jedoch in diesem Augenblick huschte das kleine Wesen um eine Gebäudeecke und war seinen Augen entschwunden. „Wer war denn das ?“ Eberhard wandte sich an einen Nahestehenden, welcher seine Blicke bemerkt und diesen ebenfalls gefolgt war. „Dies war die Ehefrau des Zwergen Ulf, Herr“, antwortete der Gefragte mit einer Verbeugung, „eine wunderschöne, kleine Frau.“ Eberhard nickte erstaunt. – Ulf war also verheiratet. Dazu mit einem solch engelsgleichen Wesen... Eberhard spornte sein Pferd, um die Anderen einzuholen.

Ursen’s Gattin, Königin Edelgard, hatte fast unmittelbar nach den Festlichkeiten reitende Boten in die Alte Heimat entsandt, um die ausgewählten heiratsfähigen Jungfrauen zu sich ins Schloss einzuladen. Wolfs Frau, Königin Gertraud, hatte versprochen, nach Deren Eintreffen ebenfalls zu erscheinen, um dann gemeinsam die Geeignete herauszufinden.

Ein Monat ging ins Land; dann kam ein Vorbote, um die Ankunft der vier in die engere Auswahl gekommenen Mädchen zu melden. Andere Boten machten sich auf den Weg in Wolfs Reich, um auch der dortigen Königin die Nachricht zu überbringen.

Gertraud säumte nicht. Bereits am nächsten Morgen saß sie im Sattel, umringt von ihren bewaffneten Begleitern. Als sie Ursen’s Schloss erreichten, waren die vier Jungfrauen bereits seit zwei Tagen vor Ort.

Edelgard begrüßte ihre Schwägerin herzlich und gab ihr zu verstehen, dass sie sich die Mädchen zwar angesehen, jedoch noch keinerlei Gespräch mit ihnen geführt hätte, da sie auf die Ankunft Gertraud’s warten wollte. Diese dankte ihr mit einem Lächeln und bat um noch etwas mehr Geduld, da sie sich nach der staubigen Reise etwas erfrischen und erholen wolle. „Dein Bad ist bereits gerichtet, meine Liebe; auch deine Unterkunft steht bereit, so dass du dich nach dem Bade ausruhen und erholen kannst. Morgen wollen wir uns dann gemeinsam um die Mädchen kümmern.“

Die nächsten Tage vergingen mit Gesprächen und Musterungen der Mädchen. Gefällig erschienen gar alle Viere, doch Eine war darunter, Welche beide Damen am meisten ansprechen wollte. – Ihr Name war Heidrun; sie war beileibe nicht die Schönste der Vier, doch von ausgeprägt ruhiger Natur und sollte - so die Ansicht der Schwägerinnen – einen beruhigenden Einfluss auf den ruhelosen Eberhard ausüben und Diesen endlich von seinen Allüren abbringen. Die vier Mädchen wurden zurück nach Hause geschickt, ohne dass ein Ergebnis bekanntgegeben wurde. In Jahresfrist würde man die Entscheidung mitteilen und sollte es so sein, der Erwählten Nachricht senden.

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Mit Eberhard hatte eine Veränderung stattgefunden. Er war nicht mehr so lustig wie vordem. Noch immer war er hinter den Röcken her, doch waren deren Trägerinnen nunmehr viel jünger als zuvor. Kleine Brüstchen, kindliches Gesicht; das wollte den Eberhard jetzt reizen. Auch sprach er dem Wein in größerem Maße zu und wurde streitbarer. „Bring’ mir ein Mädchen“, konnte er befehlen, „doch zierlich soll es sein.“ Kunti gehorchte. „Was hast du mir angebracht ? Sie ist zu alt; sie ist zu dick und rosig ! Ich mag keinen Bauerntrampel in meinem Bett !!“

Eberhard fluchte in seinem Weinrausche. Kunti wollte die so abgewiesenen Mädchen wieder fortschicken und auf neue Befehle ihres Herrn warten. War er nüchtern, wollte er, den Kopf in ihrem Schoße, auf dem Bett liegend, von seiner bevorstehenden Vermählung sprechen. Kunti strich ihm dabei über das Haar und die Schläfen, äußerte sich aber nicht dazu; es sei denn, dass Eberhard sie direkt befragte: „Was denkst du darüber ?“ „Eine Gemahlin wird Euch guttun, Herr. Sie wird Euch einen Sohn gebären und Euch vielleicht vom Weine abbringen.“ „...und auch von dir ?“ Die Sklavin schwieg. „Antworte mir ! Soll sie mich auch von dir abbringen ?!“ „Herr, ich bin Eure Sklavin; wie sollte ich Entscheidungen für Euch treffen ?“ Eberhard seufzte. „Du bist mir von Allen die Liebste, Kunti; streichle weiter...“ Kunti liebkoste weiter seine Haare und sein Gesicht und schwieg abermals. – Unvermittelt donnerte Eberhard los, indem er aufsprang – und mit wilden Bewegungen durch den Raum stapfte: „Sie werden mich nicht von dir trennen ! Niemals !! Ich bin König Eberhard und ich bestimme, wer bei mir in meinem Bette liegen wird und wer nicht !!“ Erschöpft setzte er sich nieder. „Sie können mich zehnmal verheiraten; dennoch wirst du nicht wagen, mich zu verlassen !“ „Nein, Herr.“ „Nenne mich nicht fortwährend Herr !! Ich heiße Eberhard; nenne mich bei meinem Namen, wenn wir alleine sind !“ Kunti schwieg. „Hast du mich verstanden ?!“ „Ja, – ja, ... Eberhard.“ Er kehrte zum großen Bett zurück, legte sich erneut nieder und bettete seinen Kopf in ihren Schoß. „Ich werde dir niemals erlauben, zu heiraten“, murmelte er schläfrig. Zärtlich strich Kunti über seine Wange.

Man wusste nicht mehr, woran man mit Eberhard war. Er nahm seine Gespielin zu Spaziergängen oder Ausritten – wollte sie gar mit zum Fischen an den Fluss nehmen. Erblickte er irgendwo ein ihn ansprechendes, kindlich-weibliches Wesen, zog er Kunti in ein nahes Gebüsch, um sie atemlos an Ort und Stelle zu nehmen.

Er ließ zehn- und zwölfjährige Mädchen in sein Schloss holen, um ihnen eine Anstellung als Zofe zu geben. Kunti oblag es, die Kinder des Nachts in ihrer Beider Bett zu bringen, nachdem sie Diese zuvor in die erwünschten Fertigkeiten eingewiesen hatte. Ohne Kunti’s Anwesenheit wollte Eberhard keinerlei Interesse an der körperlichen Liebe mehr bekunden. Zeitweise mussten ihm zwei - ja, gar drei der kleinen Zofen in seinem Bett zu gleicher Zeit zu Willen sein; doch Kunti hatte stets dabei zu sein. Sei es, dass sie nur dasaß und beruhigend seine Hand hielt; sei es auch, dass er sich während des Liebesspieles mit den Kleinen mit einer Hand zwischen ihren glühenden Schenkeln oder ihren Brüsten verirrte. – Ihre Anwesenheit war stets vonnöten.

Eines der Mädchen erwies sich als besonders gelehrig. Klein von Gestalt; zierlich, mit knospenden Brüstchen – auch noch völlig unbehaart zwischen den dünnen Schenkeln, wollte sie nicht nur den Wünschen des Königs willfährig sein, sondern darüber hinaus unaufgefordert eigenen Gelüsten nachgehen.... Sie gebrauchte ihre zarten Finger und die rosige, flinke Zunge in einer Weise, dass nicht nur Eberhard, sondern auch der doch liebeserfahrenen Kunti Hören und Sehen vergehen wollte. Sie schien außerdem niemals müde werden zu wollen. – Waren die gemeinsamen Liebesspiele aufgrund erschöpfender Befriedigung der beiden Erwachsenen endlich beendet, lag sie zwischen dem König und seiner Mätresse auf dem Lager und spielte mit sich selbst. – Sie benützte nicht nur ihre geschickten Finger, sondern hielt auch Ausschau nach allerlei Hilfsmitteln, wie beispielsweise Pfauenfedern oder glatten Hölzchen, welche sie mit rhythmischen Bewegungen in sich einführte und dabei ihre kleine Knospe mit der noch freien Hand, in welcher sich die Feder befand, streichelte....

„Doch auch sie wird eines Tages größer und plumper werden“, stöhnte Eberhard einmal, als er mit Kunti endlich wieder alleine war. „Eberhard“, flüsterte die Vertraute, „auch ich werde nicht jünger – und habe bereits jetzt nicht mehr die zarte Figur dieses Mädchens.“ Eberhard nahm Kunti in seine Arme. „Bei dir ist es etwas Anderes.“ Doch weiter wollte er sich nicht erklären.

Eberhard schickte gar Boten, um seinen Brüdern mitteilen zu lassen, dass er von nun an auf das alljährliche Reichsgründungsfest verzichten wolle. Es genüge, wenn Dieses fürderhin nur noch alle zehn Jahre stattfände. Urs und Wolf stimmten notgedrungen zu, da sie bereits über Eberhards Veränderung informiert waren. „Es ist sicher die bevorstehende Vermählung. Er nimmt Abschied von seinem Junggesellendasein“, sagte Urs zu seiner Gemahlin. Er sollte sich geirrt haben....

Der Tag der königlichen Eheschließung rückte näher. – Wieder waren Boten unterwegs, um die ausgewählte Braut zu holen. An Ursen’s Hof war man bereit, als die rückkommenden Boten eintrafen, um die Ankunft der Braut zu melden. Vorausboten wurden an Wolfen’s Hof geschickt, um auch dort zu melden, dass das Königspaar Urs in Kürze mit der Braut einträfe, um sodann gemeinsam weiter zu Eberhard zu reisen.

Dieser war freilich über die bevorstehende Ankunft längst auf dem Laufenden und er hatte sich für Wochen kaum mehr außerhalb seiner Gemächer gezeigt. Mit seiner Geliebten und der kleinen Zofe verbrachte er die Nächte und den Großteil der Tage im Bett. Wenn er mit Kunti alleine sein wollte, wurde das Mädchen für einige Stunden in die angrenzenden Gemächer geschickt. „Du wirst bei der Trauungszeremonie anwesend sein – und an der anschließenden Feier teilnehmen“, bestimmte Eberhard mit großer Geste, „ich bestimme in meinem eigenen Land und meinem eigenen Heim; mögen sie denken, was sie wollen !“ „Bitte Eberhard; tu das nicht ! Mir zuliebe tu das nicht; mich werden sie dafür hassen und verachten – nicht dich ! Lass’ es bitte nicht soweit kommen !“ Kunti hatte die richtigen Worte gefunden; Eberhard musste ihr recht geben. „Die Nächte werde ich mit dir verbringen“, sagte er trotzig, und Kunti lächelte ihm zu. „Ich schenke dir einen Knaben“, versprach er ihr und beobachtete fasziniert, wie sich ihre langen, spitzen Brustwarzen versteiften. Spielerisch umkreiste er beide mit je einem Finger. „Der Gedanke gefällt dir“, stellte er lüstern fest. „Ja“, gab sie unumwunden zu; ihre Stimme nur ein Hauch.

Bereits am nächsten Tag wählte Kunti von einem Dutzend Knaben einen aus. „Diesen da“, zeigte sie auf den Betreffenden. Der Junge mochte neun oder zehn Jahre zählen; war feingliedrig, wie auch die Zofe, und schien gut zu Jener zu passen. Deren unmittelbare Aufgabe war es, den Knaben zu baden und ihn sodann einer ersten Lehrstunde zu unterziehen....

Die Trauungszeremonie hatte begonnen. König Urs, als dem ältesten Bruder, oblag es, diese zu vollziehen. – Noch immer hatte Eberhard die verschleierte Heidrun nicht gesehen. Missmutig, doch neugierig zugleich, stand er neben Bruder Wolf und wartete, dass die Braut ihm zugeführt würde. Diese erschien in Begleitung Edelgards und Gertrauds; schüchtern ließ sie sich führen, bis sie endlich vor Eberhard angelangt war. Sie reichte ihm gerade bis zur Schulter und schien, so Eberhards Hoffnung, eine recht passable Figur zu besitzen. Dick war sie auf keinen Fall, stellte er mit fachmännischem Blick fest; doch war sie reizvoll ? Man würde sehen. Die zeremoniellen Worte waren gesprochen; das Ritual vollzogen. Eberhard hatte nun eine Gemahlin. Er fühlte sich elend. Mochte dieser Tag schnell vorüber gehen !

Durch einen Vorhang von den Männern getrennt, saßen die Damen bei der anschließenden Feier zum Mahle. Eberhard sollte seine angetraute Heidrun erst am Abend in ihrem gemeinsamen Ehegemach zu Gesicht bekommen. Er sehnte sich nach Kunti, doch wusste er, dass er in dieser Nacht auf sie verzichten musste. Er würde seine 'Pflicht ́ erfüllen und danach mochten sie ihn in Ruhe und seine eigenen Wege gehen lassen. Lustlos aß und trank er; hörte mit einem Ohr auf die Gespräche der Anderen, und atmete erleichtert auf, als die Feier endlich ihrem Ende zuging. Heidrun war in ihren Gemächern, wo ihre Zofe sie badete und für die Nacht bereitmachte.

Es war soweit. Heidrun wurde in das zum Vollzug der Ehe bestimmte Gemach geführt und Eberhard über die Anwesenheit seiner Gemahlin informiert. Steif schritt er durch die Tü, erblickte Heidrun und stellte enttäuscht fest, dass sie keineswegs eine Schönheit war. Ein Durchschnittsgesicht, doch mit angenehmen, freundlichen Zügen. 'Sei’s drum, ́ dachte er, 'ich habe meine Kunti. ́ Er führte leichte Konversation, reichte seiner Gemahlin ritterlich die Hand und geleitete sie dann zur Bettstatt. Ein Page löschte die Lichter und Eberhard erfüllte seine Pflicht....

Fortsetzung Morgen