Die schönen Seiten

Der Illustrator Wolfgang Slawski hatte in Laboe seine erste große Einzelausstellung – trotz Corona

Für den Illustrator und Autor Wolfgang Slawski ist das Frühjahr selbst unter Pandemiebedingungen gut gelaufen: Im April und Mai hatte er nach rund 25 Jahren als freischaffender Künstler seine erste große Einzelausstellung im „Freya-Frahm-Haus“, der Kulturstätte schlechthin in Laboe an der Kieler Förde. Eine Gruppenausstellung in Kiel schloss sich nahtlos an. Ganz besonders hat sich Slawski dabei über den Kontakt zu den Besuchern gefreut. Und über deren Vergnügen am Ausstellungsbesuch nach den langen Monaten des kulturellen Schweigens.

„DIE WELT HAT VIELE SCHÖNE SEITEN,
DIE ICH SEHE UND ZEIGE“

Wolfgang Slawski dürfte vielen vor allem für seine charakteristischen Wimmelbilder bekannt sein. Bilder, die Spaß machen und gute Laune verbreiten, weil darauf fröhliche Menschen schöne und humorvolle Dinge tun. Viele Handlungen, Details und Szenen verbinden sich zu einem einzigen Motiv. Wer genau hinsieht, wird auch kleine Alltagsdramen entdecken: wie ein Kind sein Eis fallen lässt, etwa. Oder am Strand nicht mit Sonnencreme eingeschmiert werden möchte. „Die Welt hat sehr viele schöne Seiten, die ich sehe und zeige“, sagt Slawski über seine Bilder.

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Neben Kiel hat er auch Hamburg, Dresden und Potsdam porträtiert und diesen Städten auf die Wimmelbild-Art ganze Bücher gewidmet. Doch das ist längst nicht alles, was Slawski in einer Mischung aus digitaler Arbeit, Malerei und Zeichnung in Buchform veröffentlicht oder als großformatige Blätter zu Papier bringt: Die Liste von Bilder-, Lese- und Vorlesebüchern für Kinder ist ebenso lang wie die der Schulbücher, die er im Verlagsauftrag illustriert. Besonders freut es ihn, dass mit dem Ausmalbuch „Mein kleines Malbuch von der Kieler Förde“ nun sein erstes selbst publiziertes Buch unter dem gemeinsam mit seiner Frau und Kollegin Astrid Krömer geführten Label „amarillu design“ entstanden ist.

„Astrid widmet sich neben der Illustration auch der Malerei“, verrät Wolfgang Slawski bei aller Nähe einen beruflich-künstlerischen Unterschied zu seiner Frau. Außerdem – und auch das unterscheidet die beiden – bietet Astrid Krömer Workshops für Schülerinnen und Schüler an, unter anderem an der Laboer Grundschule. „Zwar unterstütze ich sie dabei und den einen oder anderen Workshop geben wir auch gemeinsam, aber eigentlich ist das ihr Bereich“, sagt Wolfgang Slawski schmunzelnd – ein Bereich allerdings, der wegen der Pandemie und der damit einhergehenden Einschränkungen des Schulunterrichts gelitten habe: „Etliche Workshops sind schon im vergangenen Sommer verschoben oder ganz abgesagt worden, und das wiederholt sich jetzt“, sagt Slawski. Außerdem, weiß er, sei es für die Schulen schwierig, Zeitfenster für Workshops zu finden. Wichtiger sei es, den versäumten Stoff aufzuholen.

„VERLAGE WERDEN SICH NEUES EINFALLEN LASSEN,
UM AUF DIE PANDEMIE ZU REAGIEREN“

Besser sei es um die Beauftragungen durch Schulbuchverlage bestellt. „Dort sind nach wie vor Illustrationen gefragt“, verrät Slawski und sieht sogar erwartungsvoll in die Zukunft: „Vermutlich werden sich die Verlage viel Neues einfallen lassen, um auf die Pandemie zu reagieren und für vergleichbare Situationen in der Zukunft gerüstet zu sein.“

Neben den Verlagen zählen Wolfgang Slawski und Astrid Krömer auch Privatleute zu ihren Kunden, die ihre Motive in den hiesigen Buchläden und anderen Geschäften als Poster, Postkarten, Drucke oder Aufkleber kaufen. Etwa den Laboe-Schwan, den es in zwölf unterschiedlichen Farben auf T-Shirts, Mützen, Taschen oder Mousepads gibt. „Klar, gerade Touristen lieben solche Motive“, weiß Wolfgang Slawski. Die aber seien seit Ausbruch der Pandemie und Geltung der verordneten Beschränkungen rar in der Region – und mit ihnen die Verkäufe.

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Etwas Gutes bringe die Pandemie aber doch mit sich: mehr Zeit für freie Arbeiten. Ein großformatiges Kiel-Wimmelbild aus der Luftbildperspektive etwa gehört dazu, entstanden als eine Mischung aus Malerei und digitaler Gestaltung. Es war in Slawskis Laboer Ausstellung gleich in doppelter Ausfertigung in unterschiedlichen Stadien seiner Entstehung zu sehen. „Möglich werden solche freien Projekte übrigens auch deshalb, weil sie von der #kulturhilfeSH des Landeskulturverbands Schleswig-Holstein gefördert werden“, freut sich Wolfgang Slawski.

Die Ausstellung im Laboer „Freya-Frahm-Haus“ war als eine Gesamtschau seines Werks konzipiert und machte die spannende Entwicklung seiner Sehweise und seines Stils über 25 Jahre hinweg sichtbar. „Weil ich überwiegend für Verlage arbeite, habe ich nicht so viel direkten Kontakt zu meinem Publikum und sehe nicht, wie die Menschen auf meine Bücher reagieren“, sagt er. Umso wichtiger seien ihm deshalb die persönlichen Begegnungen in Ausstellungen: „Direktes Feedback auf meine Arbeiten zu bekommen, ist eigentlich durch nichts zu ersetzen“, glaubt Slawski – auch nicht durch Video-Konferenzen.

„CORONA-BEDINGUNGEN WIRKEN SICH
GANZ UNTERSCHIEDLICH AUF KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN AUS“

Die seien jetzt in anderer Hinsicht wichtig: „Astrid und ich tauschen uns regelmäßig über unsere Erfahrungen in der Pandemie mit Künstlern in Hamburg aus, zu denen wir seit unserer früheren Tätigkeit dort engen Kontakt halten“, sagt Wolfgang Slawski. Seine Erkenntnis daraus: „Die Corona-Bedingungen wirken sich ganz unterschiedlich auf die Kolleginnen und Kollegen aus: Einige haben kaum noch Aufträge, andere arbeiten wie verrückt, weil sie in dieser Ausnahmesituation viel Stoff für ihre Projekte finden“. Sich gegenseitig davon zu erzählen und zuzuhören sei wichtig, um sich nicht allein zu fühlen und den eigenen Kurs durch die Krise zu finden.

Und da schließt sich der Kreis zur Ausstellung in Laboe: „Den Menschen zu begegnen und die unmittelbare Resonanz zu spüren, war für mich nach der langen Zeit des Kulturlockdowns ein total schönes Erlebnis“, offenbart Wolfgang Slawski. Zudem sei die Werkschau im „Freya-Frahm-Haus“ ein lange gehegter Wunsch gewesen. „Dass es nach der Verschiebung im vergangenen Jahr nun doch noch geklappt hat, freut mich umso mehr“, sagt er.

Die für Ausstellungen geltenden Auflagen zu Kontaktverfolgung und Hygieneschutz waren nach Wolfgang Slawskis Beobachtung für sein Publikum kein Hinderungsgrund, ins „Freya-Frahm-Haus“ zu kommen: „Zunächst hatte ich Sorge, ob überhaupt Leute kommen würden und anfangs waren die Besucher tatsächlich ein wenig verhalten“, erinnert er sich an das Wochenende der Ausstellungseröffnung am 24. April. „Doch dann haben sie die Regeln wie selbstverständlich angenommen und sind entspannt durch die Ausstellung gegangen.“ Vor allem, habe Wolfgang Slawski immer wieder gehört, weil die Freude darüber überwog, endlich wieder Kultur genießen zu dürfen.

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Wolfgang Slawski und Astrid Krömer haben sich während ihres Design-Studiums an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg kennengelernt, dort 1992 gemeinsam mit sieben anderen Illustratoren das „atelier9“ gegründet, zogen sechs Jahre später nach Kiel, eröffneten dort zunächst eine Zweigstelle und hatten 2010 schließlich die Idee, Postkarten mit Wimmelbildmotiven aus ihrem Wohnort Laboe zu gestalten. Zuerst waren es nur zwei Karten, inzwischen gibt es 26 unterschiedliche Motive, die auch aus dem von Wolfgang Slawski illustrierten Büchern „Mein kleines Stadt-Wimmelbuch-Kiel“ und „Mein kleines Stadt-Wimmelbuch-Hamburg“ (Willegoos Verlag) stammen.

Informationen online: amarillu design